Menno Simons zu der Taufe
Auszug aus den vollständigen Werken Menno Simons
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4.7 Taufe
Liebe Herren, nehmt es in Liebe an und erbittert
euch nicht, denn die Wahrheit muss bekannt werden.
Euer Hochmut ist bis an den Himmel aufgestiegen;
seht doch auf Christus und auf sein Wort, auf sein
Vorbild und Leben. Urteilt recht und ihr werdet es
so befinden. Der allmächtige, ewige Vater, durch seine ewige Weisheit, Christus Jesus, hat es alles nach
seinem göttlichen Rat, Willen und Vorsehung in seinem Reich, das ist in seiner Gemeinde, mit Bezug auf
Lehre, Sakramente und Leben, verordnet und befohlen. Aber ihr seid diejenigen, die dasselbe durch Rat
und Eingebung eurer Gelehrten mit euren unmenschlichen, grausamen Mandaten verändert, ausrottet und
verfolgt, als ob es das allmächtige, ewige Wort sich
unter euren Befehl und Gewalt biegen und krümmen
und die gottselige Ordnung des Sohnes Gottes durch
Menschenweisheit zu einer besseren Form und besseren Gebrauch gekehrt werden müsse. O Hochmut
über allen Hochmut! O Torheit über alle Torheit! Was
überhebst du dich? O Erde und Asche! Erkennt euren
Oberherrn Christus Jesus, der euch zu einem Fürsten
und Richter von Gott gesetzt ist. Der Himmel allerorts
ist des Herrn, spricht David; aber die Erde hat er den
Menschenkindern gegeben (Ps 115,16). Ich zweifle
nicht, dass, so jemand gegen den Kaiser oder König
aufrührerisch sein und in ihr Reich und Regiment
eingreifen wollte, es nicht mit Geduld gelitten und
ohne Strafe abgehen würde; wie viel weniger wird
dann ungestraft bleiben, dass ein armes, sträfliches,
irdisches Fleisch sich wider den allmächtigen Kaiser
und König, Christus Jesus, aufmacht, ihn von dem
Stuhl seiner göttlichen Majestät zu stoßen und ihm
den Zepter und die Krone seiner Ehren zu rauben; als
ob die ewige Weisheit Gottes, Christus Jesus, unvernünftig und zu dem himmlischen Regiment unfähig
geworden wäre. Bedenkt doch, wie es allen hoffärtigen und stolzen Herzen von Anfang ergangen ist, die
ihre Stühle neben den Stuhl Gottes setzen wollten17
.
Darum so demütigt euch doch unter die allmächtige Hand Gottes, wie Petrus lehrt (1Pt 5,6), und nehmt
den glückseligen, großen König Nebukadnezar zu einem Vorbild (Dan 3,4) und merkt, wie schwer er um
seines Hochmuts von Gott gestraft wurde und wie er
17Christus wird ausgestoßen, wie sein Wort verachtet und verstoßen wird.
nach der Strafe zur Weisheit sich bekehrt, den allmächtigen Gott gefürchtet und seine wundertätigen, herrlichen Werke und seinen anbetungswürdigen, großen
Namen höchlich gepriesen hat.
Liebe Herren, wacht auf und bessert euch, denn es
geziemt sich nicht, dass sich das Geschöpf wider den
Schöpfer erhebe. Christus will allein das Haupt seiner
Gemeinde bleiben, allein der Lehrmeister in seiner
Schule sein, allein der König, der sein Reich richten
will; nicht mit Lehren und Geboten der Menschen,
auch nicht mit Würgen und Morden, sondern mit
seinem heiligen Geist, Kraft, Gnade und Wort.
Darum bitten wir euch, o ihr Fundamente der Erde,
durch die Barmherzigkeit Gottes, wir, die euch für unsere gnädige Herren erkennen, in allen Sachen unseres
Fleisches, dass ihr doch den ewigen, allmächtigen König, Christus Jesus, wollt den alleinigen Seligmacher,
Herrn und Gewalthaber unserer armen Seelen sein
lassen, gleich wie er von seinem Vater verordnet ist.
Und dass ihr euren irdischen Dienst und Amt führen
wollt in zeitlichem Regiment, zu welchem ihr berufen
seid; denn wir begehren von ganzem Herzen dem Kaiser zu geben was des Kaisers ist und Gott zu geben,
was Gottes ist (Mt 22,21). Und wollt auch diese unsere Lehre und Anweisung von der Taufe, Abendmahl
und von der Meidung des babylonischen Handels mit
des Herrn Wort recht erwägen. Wir hoffen durch Gottes Gnade, ihr werdet in Wahrheit finden, dass wir
nichts anderes lehren und glauben, als uns des Herrn
wahrhaftiger Mund befohlen und seine heiligen Apostel gelehrt und bezeugt haben. Hierzu gönne euch
der große Herr seine Gnade. Amen.
4.7 Taufe
4.7.1 Von der Taufe
Christus befahl nach seiner Auferstehung seinen Jüngern und sprach: »Geht hin und lehrt alle Völker und
tauft sie im Namen des Vaters, des Sohnes, und des heiligen Geistes, und lehrt sie halten alles, was ich euch befohlen
habe; und siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt
Ende.« (Mt 28,19-20)18
Hier haben wir des Herrn Befehl von der Taufe,
wann und wie man nach Gottes Ordnung dieselbe
vollziehen und empfangen soll, nämlich dass man
zum Ersten das Evangelium predigen müsse und
dann diejenigen taufen, die daran glauben, gleichwie Christus spricht: »Geht hin in alle Welt und predigt
das Evangelium aller Kreatur! Wer da glaubt und getauft
wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der
18Christi ausdrücklicher Befehl zu taufen.
30 4 Fundament und klare Anweisung von der seligmachenden Lehre
wird verdammt werden.« (Mk 16,15-16)19 So ist sie von
dem Herrn befohlen und verordnet; darum darf auch
ewiglich keine andere gelehrt noch gebraucht werden.
Gottes Wort bleibt in Ewigkeit. Die kleinen Kinder
sind unvernünftig und unbelehrbar, darum kann an
ihnen keine Taufe vollzogen werden oder wir müssen des Herrn Ordnung verkehren, seinen hohen Namen missbrauchen und seinem heiligen Wort Gewalt
antun. Im neuen Testament sind den unmündigen
Kindern keine Zeremonien befohlen, denn es handelt,
betreffs der Lehre sowohl als des Sakraments, mit
denjenigen die Ohren haben zu hören und ein Herz
zu verstehen (Mt 13,16). Gleichwie Christus befohlen
und verordnet hat, so haben es auch seine heiligen
Apostel gelehrt und geübt, wie man an vielen Orten
des Neuen Testaments deutlich merken und verstehen kann20. So spricht Petrus: »Tut Buße, und lasse sich
ein jeglicher taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung der Sünden; so werdet ihr empfangen die Gabe des
Heiligen Geistes.« (Apg 2,38) Ferner sagte Philippus zu
dem Kämmerer: »Glaubst du von ganzem Herzen, so
mag es wohl sein!« (Apg 8,37) Denn der Glaube folgt
nicht aus der Taufe, sondern die Taufe folgt aus dem
Glauben (Mk 16,16)21
.
So hat Christus die Taufe befohlen und selbst auf
die nachfolgende Weise empfangen. Denn da die Zeit
gekommen war und die Stunde sich genaht hatte, dass
er seinen ihm gewordenen Befehl ausrichten wollte,
nämlich das Wort predigen und seines Vaters heiligen
Namen bekannt machen, trat er zu Johannes in den
Jordan und begehrte von ihm getauft zu sein, auf
dass er alle Gerechtigkeit erfüllen möchte. Er bereitete
sich vor auf Versuchung, Elend, Kreuz und Tod und
übergab sich als ein williges und gehorsames Kind
dem Willen seines allmächtigen Vaters, gleich wie
er selbst spricht, dass er nicht gekommen sei seinen
Willen zu tun, sondern den Willen dessen, der ihn
gesandt habe (Joh 6,38). Er ist von Johannes getauft,
von dem heiligen Geist bezeugt und von seinem Vater
als ein angenehmer Sohn anerkannt worden (Mt 3,17;
17,5)22
.
Seht, so lautet Christi Befehl; so ist Christus selbst
getauft; so haben es die Apostel gelehrt und gebraucht.
Wer will nun wider den Herrn auftreten und sagen,
es soll so nicht geschehen? Wer will die Weisheit lehren und darin unterweisen? Wer will die Apostel und
Evangelisten Lügen strafen? Es wäre ja ganz unge19Der Befehl Christi bezieht sich auf die Gläubigen, nicht auf die
unmündigen Kinder.
20Die Apostel lehren die Taufe auf den Glauben (Apg 2).
21Der Glaube kommt nicht aus dem Gehorsam, sondern der Gehorsam kommt aus dem Glauben.
22Christus lässt sich taufen.
bührlich, dass ein Kind über seinen Vater und ein
Knecht über seinen Meister gebieten und richten sollte; noch viel ungebührlicher ist es aber, wenn die Kreatur über ihren Schöpfer sich erheben will. Nun aber ist
offenbar, dass die ganze Welt mit ihren unnützen Lehren und Menschengeboten, mit ihrem antichristlichen
Gebrauch und langer Gewohnheit und mit ihrem tyrannischen, mörderischen Schwert über Christus und
Christi Wort richtet. Christi Wahrheit muss für eine
Lüge, seine Weisheit für Torheit, sein Licht für Finsternis und sein Evangelium für eine falsche und verkehrte Sekte erachtet werden. Mit kurzen Worten, Christus
Jesus muss schweigen und leiden23
.
Nun wird möglicherweise gesagt werden, dass im
Anfang des Evangeliums solche Art der Taufe notwendig gewesen sei, da es zu jener Zeit noch keine
Gläubigen gab, deren Kinder man hätte taufen können24; so aber nun die Eltern gläubig sind, werden
auch ihre Kinder getauft, gleichwie Abraham, als er
gläubig wurde seine Kinder beschnitt (1Mo 17,23).
Ach nein, das folgt nicht daraus; denn wiewohl Abraham Gott glaubte, so wurde doch nicht mehr denn
die Hälfte von seinem Samen beschnitten, nämlich
die Knäblein und nicht die Mägdlein; gleichwohl war
er nichtsdestoweniger der Mägdlein als der Knäblein
Vater; wovon man durch Gottes Gnade in den Entgegnungen im weiteren Verlauf weiteres hören und
finden soll25
.
Dass man im Anfang erst das Evangelium predigen musste und so aus dem Hören der Glaube und
aus dem Glauben die Taufe folgen musste, ist unwidersprechbar, denn die Schrift lehrt so (Röm 10,17).
Dass man aber der Gläubigen Kinder taufen soll, weil
Abrahams Kinder beschnitten wurden, kann mit der
Schrift nimmermehr bewiesen werden. Wäre dies aber
stichhaltig - wie es nicht ist - so würden nach diesem
Gebrauch nur wenige Kinder getauft werden, da der
Rechtgläubigen Zahl, wie man sehen kann und beklagen muss, nur sehr klein ist.
Es sind nicht alle Christen, die Christen genannt
werden26. Die aber Christi Geist haben, das sind die
rechten Christen; obgleich ich nicht weiß wo man derer viele finden soll. Ja, was können wir weiter sagen?
Alle die mit Abel ein angenehmes Opfer bringen; die
mit Isaak von dem freien Weibe geboren sind und mit
Jakob das Recht der ersten Geburt und den väterlichen Segen empfangen haben, die müssen von dem
23Merkt mit welcherlei Mittel der Welt Christentum bewährt wird.
24Vetus lex omnibus suis ceremoniis finem habet, nova cum suis
prodiit.
25Ceremoniae veteris legis celebrabantur juxta praeceptum, ita
etiam et in nova lege.
26Non omnes Christiani qui se Christianos jactitant.
4.7 Taufe 31
blutgierigen Kain ermordet, von Ismael verspottet
und von Esau gehasst werden, gleichwie man es allerorts hören und sehen muss. Möge Gott eine Besserung
bewirken.
Seht, es ist des Herrn Wort und Wille, dass alle diejenigen, die Gottes Wort hören und daran glauben,
getauft werden sollen (wie oben bemerkt ist), damit
sie dadurch ihre Glaubenskraft bezeugen und erklären, forthin nicht mehr nach ihrem eigenen Willen,
sondern nach Gottes Willen leben zu wollen. Dass
sie um des Zeugnisses Jesu bereit sind zu verlassen
Haus, Gut, Land, Leib und Leben und um dasselbige zu leiden Hunger, Trübsal, Verfolgung, Kreuz und
Tod; ja sie begehren das Fleisch mit seinen Lüsten zu
begraben und mit Christus aufzuerstehen in einem
neuen Leben, gleichwie Paulus sagt: »Wisst ihr nicht,
dass alle, die wir in Jesus Christus getauft sind, die sind
in seinen Tod getauft? So sind wir je mit ihm begraben
durch die Taufe in den Tod, auf dass, gleichwie Christus
ist auferweckt von den Toten durch die Herrlichkeit des
Vaters; so sollen auch wir in einem neuen Leben wandeln.«
(Röm 6,3-4)
Mein lieber Leser, merke auf des Herrn Wort, denn
so lehrt der heilige Apostel Paulus, der sein Evangelium nicht von den Menschen, sondern von dem Herrn
selbst empfangen hatte, dass gleichwie Christus gestorben und begraben ist, so auch wir unsern Sünden
sterben und dieselben mit Christus in die Taufe begraben sollen. Nicht dass uns solches erst nach der
Taufe zu tun gebührt, sondern wir müssen das alles
zuvor anfangen und getan haben27, wie er spricht:
»So wir aber samt ihm gepflanzt worden zu gleichem Tode,
so werden wir auch der Auferstehung gleich sein, dieweil
wir wissen, dass unser alter Mensch samt ihm gekreuzigt
ist, auch dass der sündliche Leib aufhöre, dass wir hinfort
der Sünde nicht dienen. Denn wer gestorben ist, der ist
gerechtfertigt von der Sünde.« (Röm 6,5-7); und gleichwie Christus einmal gestorben ist, die Sünde hinweg
genommen hat und Gott lebt, so auch sterben die wahren Christen ihren Sünden und leben Gott (Röm 6).
Denkt nicht dass wir lehren, dass die Christen solchermaßen der Sünde absterben, dass sie dieselbe
nicht mehr fühlen können. Durchaus nicht, sondern
sie sterben derselben insofern, dass sie ihren unreinen
Lüsten nicht mehr gehorsam sind, gleichwie Paulus
sagt: »Lasst die Sünde nicht herrschen in eurem sterblichen Leib . . . « (Röm 6,12) Und Johannes: »Der aus Gott
geboren ist, sündigt nicht; denn sein Same bleibt in ihm
und er kann nicht sündigen, denn er ist aus Gott geboren.«
(1Joh 3,9)28
27Nota quae hic dicuntur.
28Vide quomodo Christianus peccatis moritur.
Denn gleichwie uns des Herrn Tod nichts gefördert
und genutzt haben würde, wenn er nicht auch aus
des Todes Gewalt zu seines Vaters Preis auferstanden
wäre; denn so würde es uns auch nichts fördern oder
nützen, dass wir unsere Sünde in die Taufe begraben,
wenn wir nicht mit Christus Jesus aus der Sünden
Gewalt, zu des Herrn Preis, in einem neuen Leben
auferstehen. »Denn was Christus gestorben ist, ist er der
Sünde einmal gestorben (spricht Paulus), dass er aber lebt,
das lebt er Gott. Also auch haltet ihr euch dafür, dass ihr
der Sünde gestorben seid und Gott lebt, in Christo Jesu,
unserm Herrn.« (Röm 6,10-11) »Und gleichwie ihr eure
Glieder vorhin begeben habt zum Dienst der Unreinigkeit
und von einer Ungerechtigkeit zu der andern, also begebt
nun eure Glieder zum Dienst der Gerechtigkeit, dass sie
heilig werden.« (Röm 6,19) »Denn ihr seid von der Sünde
befreit, und seid Knechte der Gerechtigkeit geworden, und
habt eure Frucht in der Heiligmachung, das Ende aber
derselben ist das ewige Leben.« (Röm 6,22)
Hier merkt, vernünftige Leser, ihr, die ihr begehrt
die rechte Wahrheit zu erkennen und eurer Seelen
Seligkeit zu suchen, was euch der hohe und heilige
Apostel Paulus hier gelehrt hat; denn so ihr glaubt,
dass sein Wort, Lehre und Zeugnis recht seien, müsst
ihr ohne Zweifel aus diesen seinen Anweisungen und
aus noch mehreren andern Stellen seiner Schriften
wohl befinden, dass sich die Taufe nicht besser auf die
jungen Kinder anwenden lässt, als die Beschneidung
auf die israelitischen Mägdlein29. Denn uns ist ebenso
wenig befohlen, Kinder zu taufen, als Israel befohlen war, die Mägdlein zu beschneiden. Auch ist es
unmöglich, dass die unmündigen Kinder der Sünde
absterben können, solange sie nicht lebendig in ihnen geworden ist; können auch nicht im neuen Leben
auferstehen, solange sie nicht durch den Glauben aus
Gott geboren, durch Gottes Geist in der Gerechtigkeit
geleitet worden sind. Darum seht euch vor, denn die
Absicht bei der Taufe ist, die Sünde zu begraben und
mit Christus zu auferstehen in einem neuen Leben,
welches doch auf keinerlei Weise bei den jungen, unmündigen Kindern der Fall sein kann. Darum merkt
und erforscht wohl, was euch des Herrn Wort über
diese Sache lehrt und anweist.
Zum anderen nennt auch Paulus die Taufe ein Wasserbad der Wiedergeburt (Tit 3,5). O Herr! Wie beklagenswert wird doch dein heiliges Wort missbraucht.
Ist es nicht ein Jammer über Jammer, dass sie mit diesen klaren Schriftstellen ihre abgöttische, ungereimte
Kindertaufe begründen wollen und vorgeben, dass in
der Taufe die Kinder wiedergeboren werden, gleich
29Die Mägdlein zu beschneiden im Gesetz, und Kinder zu taufen
im neuen Testament, sind nach der Schrift einerlei.
32 4 Fundament und klare Anweisung von der seligmachenden Lehre
als ob die Wiedergeburt nur ein Eindrücken in das
Wasser sei? O nein, die Wiedergeburt ist nicht ein solches Heuchelwerk, sondern sie ist eine Veränderung
des innerlichen Wesens, die den Menschen durch Gottes Kraft und Wirkung des Glaubens aus dem Bösen in
das Gute, aus dem Fleischlichen in das Geistliche, aus
der Ungerechtigkeit in die Gerechtigkeit, aus Adam
in Christus umkehrt und versetzt30, welches doch auf
keinerlei Weise bei den kleinen unmündigen Kindern
so geschehen kann; denn die Wiedergeborenen leben
aus der Kraft des neuen Wesens; sie kreuzigen ihr
Fleisch mit seinen bösen Lüsten; sie ziehen aus den alten Adam mit seinen Werken; sie meiden allen bösen
Schein; sie werden gelehrt, regiert und getrieben von
dem heiligen Geist31 (Röm 1,17).
Seht, das ist die rechte neue Geburt mit ihren neuen
Früchten, von welcher die Schrift zeugt und kommt
her durch den Glauben, aus Gottes Wort32 ohne welche niemand von denen33, die zu ihrem Verstande
gekommen sind selig werden kann, gleichwie Christus spricht: »Wahrlich, wahrlich ich sage dir, es sei denn,
dass jemand von neuem geboren werde, kann er das Reich
Gottes nicht sehen.« (Joh 3,3) Ja, es ist alles umsonst,
wenn auch jemand gleich von Petrus, Paulus oder
von Christus selbst getauft wäre, aber nicht mit des
Herrn Feuer und Geist von oben getauft wird (Mt 3,11;
Lk 3,16). Wie Paulus spricht: »In Christo Jesu gilt weder
Beschneidung noch Vorhaut, sondern eine neue Kreatur.«
(Gal 5,6; 2Kor 5,17) Alle die so aus Gott geboren, an
dem innerlichen Menschen verändert und erneuert
und aus Adam in Christus versetzt sind34, die stehen bereit ihres Herrn Wort zu gehorchen und sagen
mit dem heiligen Paulus: »Herr, was willst du dass ich
tun soll?« (Apg 9,6) Solche verleugnen sich selbst mit
all ihrer Vernunft. Sie schicken sich nach des Herrn
Wort und Ordnung, ohne irgendwelchen Hass und
Widerstreiten. Sie lassen sich taufen nach des Herrn
Befehl (Mt 28,19). Sie werden und beweisen sich als
fruchtbare Reben an dem Weinstock Christi und Mitgenossen in des Herrn Gemeinde (Joh 15,5). Sie empfangen Vergebung ihrer Sünden und die Gabe des
heiligen Geistes (Apg 2,38), sie ziehen Christus an und
treten in die Arche Noah und sind bewahrt vor der
schrecklichen Sündflut des zukünftigen Zornes, der
als ein Netz wird fallen über alle, die auf Erden wohnen. Aber dies geschieht nicht allein durch die Kraft
des Wassers oder Zeichens, sondern durch die Kraft
des göttlichen Wortes, angenommen durch den Glau30Merket wie und was die Wiedergeburt sei!
31Die Früchte des Neugeborenen.
32Herkunft der Neugeburt.
33Signum non prodest, nisi fit significatum.
34Die rechte Wiedergeburt.
ben; denn wo kein Glauben ist, der durch die Liebe
zum Gehorsam wirkt35 (wir sprechen abermals von
denen, die zu ihrem Verstand gekommen sind), da ist
auch keine Verheißung. »Wer an den Sohn nicht glaubt,
wird das Leben nicht sehen, sondern Gottes Zorn bleibt
über ihm.« (Joh 3,36)
Der Herr gebot Mose (2Mo 14), er sollte seine Hand
ausstrecken und mit dem Stab auf das Meer schlagen; alsdann würden die Wasser geteilt werden. Mose glaubte des Herrn Wort, streckte aus seine Hand
und schlug mit dem Stab, da teilten sich die Wasser und Israel wurde erlöst36; aber nicht durch den
Stab und das Schlagen, sondern durch die Kraft des
göttlichen Worts, von Mose angenommen in einem
aufrichtigen und wirkenden Glauben (2Mo 14). Hätte
nun Mose Gottes Wort nicht geglaubt und aus Ungehorsam nicht auf das Meer geschlagen, so würde
es ohne Zweifel dem furchtsamen, bedrängten Israel
nicht wohl ergangen sein. Auch empfing er in der
Wüste einen Befehl, dass er eine metallene Schlange aufrichten sollte37 auf dass Israel, wenn es darauf
sähe, von den beißenden Schlangen genesen möchte. Mose glaubte des Herrn Wort und erhöhte eine
Schlange; und Israel sah sie an und genas. Solches
geschah nicht durch die Kraft der bildlichen Schlange,
sondern durch die Kraft des göttlichen Worts, von
ihnen angenommen durch den Glauben38. Gleichermaßen wird auch der schriftgemäßen Taufe die Seligkeit zugeschrieben (Mk 16,16), Vergebung der Sünden
(Apg 2,38), die Anziehung Christi (Gal 3,27), Einverleibung in die Gemeinde (1Kor 12), nicht um des Wassers
oder um des erteilten Zeichens willen (sonst würde
das Reich Gottes von den Elementen und Zeichen abhängig sein), sondern um der Kraft und Wahrheit der
göttlichen Verheißung, welche wir in dem Gehorsam
annehmen durch den Glauben39. Denn alle die, welche auf Worte, Elemente und Werke vertrauen lehren,
die gießen mit Aaron ein goldenes Kalb und lassen
das unverständige Volk damit huren und Gräuel tun.
Denn in Christus gilt allein der Glaube, der durch die
Liebe wirkt (Gal 5,6), die neue Schöpfung (Gal 6,15)
und das Halten der Gebote Gottes (1Kor 7,19)40
.
Ihr lieben Herren, Freunde und Brüder, wacht auf
und verzieht nicht; gebt dem Allerhöchsten seinen
gebührenden Preis und Ehr und merkt auf sein heiliges Wort; denn alle, die behaupten wollen, dass die
35Non signum sed significatum habet promissionem.
36Mose kommt des Herrn Befehl treulich nach.
37Kupferne Schlangen.
38Fides accipit verbum, et sequitur promisso.
39Hic locus ad Corinthios, magis ad baptsimum spiritui, quam
baptismum aquae quadrat.
40Pedobaptistae conflatores et adoratores vituli.
4.7 Taufe 33
Taufe den unverständigen Kindern ein Wasserbad
der Wiedergeburt sei, die brechen des Herrn Wort41;
sie widersprechen dem heiligen Geist; machen Christus zu einem Lügner und seine heiligen Apostel zu
falschen Zeugen42; denn sie lehren, dass die neue Geburt durch Wirkung des Glaubens herkommt, aus
Gott (Joh 1,3) und aus Gottes Wort (1Kor 4,15; 1Pt 1,23;
Jak 1,18). Dass man dieses Wort nicht solche, die weder zu hören noch zu verstehen vermögen, sondern
den Hörenden und Verständigen lehren muss, ist unwidersprechbar43
.
Dasselbe erklärt auch der heilige Apostel Petrus
und spricht: »Dass uns die Taufe selig macht, nicht die,
mit welcher gewaschen werden die Unreinigkeit des Fleisches, sondern die, durch welche sich ein gut Gewissen
wohl verantworten kann vor Gott; oder der Bund eines
guten Gewissens mit Gott, durch die Auferstehung Jesu
Christi.« (1Pt 3,21)
Hier lehrt uns Petrus, wie uns die inwendige Taufe
selig macht, mit welcher der inwendige Mensch gewaschen wird und nicht die auswendige Taufe, mit
welcher das Fleisch gewaschen wird; denn diese inwendige Taufe gilt besonders vor Gott (wie oben gesagt ist), aus welcher die auswendige als ein Beweis
des Gehorsams, der aus dem Glauben herkommt, folgen muss44; denn könnte die auswendige Taufe selig machen ohne die inwendige, so wäre die ganze
Schrift, die von dem neuen Menschen redet, unnütz
und vergeblich geredet und geschrieben. Das Reich
des Himmels stünde gebunden unter dem Element
Wasser; das Blut Christi wäre vergebens vergossen
und kein Getaufter könnte verloren werden. Nein,
nein! Da gilt keine auswendige Taufe, solange wir
nicht inwendig erneuert, wiedergeboren und mit dem
himmlischen Feuer und dem heiligen Geist von Gott
getauft werden. Wenn wir aber die Taufe von oben herab empfangen, dann werden wir durch Gottes Geist
und Wort gedrungen in einem guten Gewissen, das
wir dadurch erlangen, aufrichtig an die Verdienste des
Todes Christi und die Kraft und Frucht seiner Auferstehung zu glauben und uns fortan, dieweil wir nun
durch den Glauben und eingegossene Kraft inwendig
gewaschen sind, auch durch das auswendige Zeichen
des Wasserbundes (allen Gläubigen von Christus auferlegt und befohlen) gehorsam zu verbinden mit dem
Herrn, gleichwie er sich in seiner Gnade, durch sein
Wort, uns verbunden hat, nämlich, dass wir nicht länger nach den bösen, unreinen Lüsten des Fleisches,
41Pedobaptisma lavacrum regenerationis dici non protest.
42Ohne Glauben ist keine Wiedergeburt.
43Das Wort lehrt man die Hörenden.
44Die innerliche Taufe muss vorgehen, sonst ist die äußerliche
nichts nütze.
sondern nach dem Zeugnis eines guten und frommen
Gewissens, vor ihm leben und wandeln wollen.
Und wiewohl diese Worte Petri mehr denn klar
sind, schämen sich die Gelehrten gleichwohl nicht,
denselben mit ihren Trugschlüssen und ihrer hochgerühmten Vernunft einen ganz fremden Sinn zu unterbreiten (hauptsächlich darum, dass sie der Welt Gunst
behalten und ohne alles Kreuz und Verfolgung, in
Wollust und guten Tagen leben mögen) und lehren,
die Taufe sei ein Gnadenzeichen, welches nach unserm kleinen Verstand in keinerlei Weise begründet
werden kann; denn unser Gnadenzeichen ist allein
Christus Jesus45, mit welchem uns Gottes überfließende, große Liebe auf das Allerhöchste zuerteilt und
bezeugt ist. Derselbe wurde vormals den Patriarchen
durch Zeichen glorreich verbildlicht, nämlich durch
Röcke von Fellen, Adam und Eva (1Mo 3,21); durch
den Regenbogen, Noah (1Mo 9,13); bei der Beschneidung Abrahams (1Mo 17), durch welche Zeichen sie
auch des göttlichen Bundes versichert wurden. Aber
uns hat Gott seine göttliche Gnade und seinen ewigen Frieden nur durch dieses eine Zeichen versichert,
nämlich Jesus Christus46. Die Versiegelung in unserem Gewissen, ist der heilige Geist; aber die Taufe ist
ein Zeichen uns zum Gehorsam von Christus befohlen, mit welchem wir bezeugen, wenn wir ihn empfangen, dass wir des Herrn Wort glauben; dass wir
Leid tragen und Reue fühlen über das vergangene
alte Leben, dass wir mit Christus begehren aufzustehen in einem neuen Leben; und dass wir der Sünden
Vergebung glauben durch Christus Jesus (Apg 3,38).
Nicht, meine Geliebten, dass wir die Vergebung unserer Sünden durch die Taufe zu empfangen glauben,
keineswegs; denn gleichwie wir durch die Taufe nicht
Glauben und Reue erlangen können, so können wir
auch durch sie weder Vergebung der Sünden, noch
Friede und Freiheit des Gewissens erreichen; aber wir
bezeugen dadurch, dass wir Reue haben und an Vergebung glauben durch Christus, gleichwie vorhin gesagt ist. Aber bei den Vätern war es nicht so, denn
sie empfingen durch die Zeichen Sicherheit und Trost,
dass die zugesagte Verheißung wahr und sicher sein
sollte. Wir aber haben diese Verheißung allein durch
Christus Jesus, in dem alle bildlichen Zeichen aufhören und ihr Ende genommen haben, so dass wir in
diesem einzigen, wahren Zeichen, Christus, das haben, welches den Vätern in vielen bildlichen Zeichen
gegeben wurde47. Kurz, hätten wir die Vergebung der
Sünden und Sicherheit der Gewissen durch äußerli45Christus verum signum divinae gratiae.
46Christus unicum nostrae pacis signum.
47Omnia signa patribus nota in unum Christum respiciunt.
34 4 Fundament und klare Anweisung von der seligmachenden Lehre
che Zeichen und Elemente, so müsste das Wahrhaftige
untergehen und mit seinem Verdienst weichen und
zurückstehen.
Seht, das ist der einzige und rechte Grund von der
Taufe, welcher durch die Schrift bestätigt wird und
kein anderer und diesen lehren und üben wir, sollten
sich gleich die Pforten der Hölle dagegen erheben.
Denn wir wissen, dass es des Herrn klares Wort und
gottselige Ordnung ist, von welchen wir nichts hinweg noch hinzutun dürfen, auf dass wir vor Gott, der
allein ein Gott und Herr unsers Gewissens ist, nicht
ungehorsam und lügenhaft erfunden werden. »Alle
Worte Gottes sind durchläutert, und sind ein Schild denen,
die auf ihn trauen.« (Spr 30,5)
Ach Gott, was tun doch die Gelehrten und hochgelehrten Meister dieser Welt, die so ernstlich bestrebt
sind Gottes Wort und Weisheit zu verkleinern und so
glattzüngig ihre eigene, törichte Vernunft und Klugheit uns aufdringen wollen! Es wird ihnen aber nicht
gelingen; denn er will seine Ehre keinem anderen geben, er ist der Herr, das ist sein Name und außer ihm
gibt es keinen anderen (Jes 42,8). Der welcher überwindet, wird sie überwinden. Er wird ihre Weisheit
zur Torheit und ihre Vernunft zuschanden machen,
denn »der Herr weiß der Weisen Gedanken, dass sie eitel
sind.« (1Kor 3,20)
Luther schreibt, dass man die Kinder auf ihren eigenen Glauben taufen soll und fügt hinzu: »Wenn die
Kinder keinen Glauben haben, so würde ihre Taufe eine Lästerung des Sakraments sein.« Ich denke, es ist ein großer
Irrtum von einem so hochgelehrten Mann, durch dessen Schriften der Herr anfänglich viel Gutes bewirkte,
dass er bei Kindern, die weder zu fassen noch zu verstehen vermögen, den Glauben behaupten will, trotzdem die Schrift so gründlich besagt, dass sie weder
Gutes noch Böses wissen (5Mo 1,39), ja, keinen Unterschied wissen, was recht oder unrecht ist und dass
er sagt, der Glaube bei den Kindern liege verborgen
und schlafe, gleich wie es der Fall ist bei einem gläubigen, schlafenden Menschen, bis zur Zeit, wenn sie zu
ihrem Verstande kommen48. Schreibt Luther solches
aus aufrichtiger Meinung, so beweist er damit, dass
viele seiner Schriften über den Glauben und seine
Kraft vergeblich waren; schreibt er es aber den Menschen zum Gefallen, so wolle Gott ihm gnädig sein;
denn ich weiß in Wahrheit, dass dies nichts anderes
ist, als menschliche Vernunft und Erfindung und auch
des Herrn Wort und Ordnung nicht umstoßen kann.
Kein Wort in der Schrift deutet an, dass die Apostel
auch nur einen einzigen Gläubigen tauften, während
er schlief. Sie tauften diejenigen, welche wach waren,
48Lutheri opinoni & doctrine de fide puerorum.
nicht aber die Schlafenden. Warum taufen sie denn
ihre Kindlein ehe sie von ihrem schlafenden Glauben
erwachen und ehe derselbe von ihnen bekannt wird?
Bucer schließt sich dieser Lehre nicht an49, sondern
verteidigt die Kindertaufe auf eine andere Weise, nämlich, nicht dass die Kinder glauben, sondern dass sie
durch die Taufe des Herrn Gemeinde zugefügt und in
seinem Worte aufgezogen werden. Er bekennt zwar,
dass die Kindertaufe des Herrn ausdrücklicher Befehl nicht sei, dennoch hält er sie für recht. O Herr,
wie beklagenswert irren sich doch diejenigen, welche
der Menschen Gunst und Ehre suchen und nicht die
Gunst und Ehre Gottes! Da nun die Kindertaufe kein
ausdrücklicher Befehl ist, wie er bekennt, so kann sie
auch Gott nicht angenehm sein - Et perconsequens - keine Verheißung haben. Darum sollte der Leser wissen,
dass sich die wahrhaftigen Christen in dieser Sache
nicht nach der Menschen Gutdünken und Ansichten
richten dürfen, sondern allein nach des Herrn Wort
und Ordnung. Denn wir haben nur einen Herrn und
Meister unseres Gewissens, welcher Christus Jesus
ist50, dessen Wort, Willen, Gebot und Ordnung uns,
als bereitwillige Jünger, gebührt gehorsam zu sein,
gleichwie eine Braut bereit ist in allen Dingen ihres
Bräutigams Stimme zu gehorchen (Joh 3,29).
Da wir sonach nicht einen Buchstaben in der ganzen
Schrift finden, dass Christus die Kindertaufe geboten
hat oder dass seine Apostel sie lehrten oder übten, so
sagen und bekennen wir mit gutem Gewissen, dass
die Kindertaufe nichts ist als eine menschliche Erfindung, eine eigene Meinung, eine Zerstörung der Ordnung Christi, ja ein offenbarer Gräuel, der da steht an
der heiligen Stätte, wo er mit Recht nicht sein sollte
(Mt 24,15).
O liebe Herren! Wie wenig wird doch des Herrn
Mund geachtet, der da spricht: Ihr sollt nichts tun, das
euch gut dünkt, sondern ihr sollt tun, das ich euch
gebiete (5Mo 12). Hat nicht der Vater von dem hohen Himmel bezeugt und gesagt: »Dies ist mein lieber
Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören?« (Mt 17,5) Weist uns nicht die ganze Schrift auf
Christus? Werden wir nicht in seinem Namen getauft,
dass wir seine Stimme hören und seinem Worte gehorsam sein sollen? Rühmt ihr euch nicht, dass ihr
die apostolische Kirche seid? Warum weicht ihr von
Christus zum Antichrist und von der Apostel Lehre
und Gebrauch zu der Lehre und dem Gebrauch der
Gelehrten? Merkt doch einmal recht, wie hart oftmals
das Gutdünken der Menschen, welches sie für ein hei49Buceri doctrina de pedobaptismate in Epist. quadam quam scripsit contra anabaptistas (ut vocant.).
50Unum habemus magistrum, nempe Christum.
4.7 Taufe 35
liges Werk und Gottesdienst gehalten haben, von Gott
gestraft worden ist.
Nadab und Abihu trugen ein fremdes Feuer vor den
Herrn; zur Stunde wurden sie darum von dem Feuer
durch Gottes Zorn verschlungen vor dem Altar. Saul
war barmherzig über Agag, den Amalekiter König
und wollte, wider des Propheten Wort, die schönsten und fettesten Tiere aus Gutdünken opfern. Dieses
gutscheinende Werk der Barmherzigkeit und des lobenswerten Eifers wurde an ihm als eine Sünde der
Zauberei und Abgötterei gestraft, weil er nach seinem
Gutdünken und nicht nach des Propheten Wort gehandelt hatte. Er wurde von dem Propheten gestraft,
mit Pestilenz geschlagen und sein Königreich wurde ihm genommen und einem anderen gegeben, der
getreuer war als er (1Sam 15,23).
Manasse, der König Judas, und andere in Israel
ließen ihre Kinder durchs Feuer gehen. Außerdem
bauten sie Kirchen und Altäre auf allen hohen Bergen,
auch in Städten und Ländern, aus recht guter Meinung, denn sie wollten dadurch dem allmächtigen
und ewigen Gott dienen, wie deutlich zu ersehen ist
(2Kö 21,3-6). Diese herrliche und heilige Erwählung
ist dem Herrn so zuwider gewesen, dass Jeremia sich
weigerte für das Volk zu bitten. Israel wurde verwüstet; Jerusalem und der Tempel verbrannt und das Volk
mit dem heiligen Geschirr weggeführt in fremde Länder (2Kö 25,9; 2Chr 26,12). Darum spricht Gott durch
den Propheten: »Gehorcht meinem Wort, so will ich euer
Gott sein, und ihr sollt mein Volk sein; und wandelt auf
allen Wegen, die ich euch gebiete, auf dass es euch wohl
gehe.« (Jer 7,23)
Welcher Rat, meine lieben Herren, soll gegeben werden bezüglich solcher mutwilligen Verführer, die so
unverschämt des Herrn ausgedrückte Wahrheit brechen und so schändlich den allmächtigen und allerhöchsten Gott belügen und lehren, es sei Gottes Wort;
wiewohl Gott das noch nie verkündigt, noch viel weniger befohlen hat, auch nimmermehr befehlen wird.
Ach wie schrecklich ist es, sich so wider seinen Gott
zu versündigen und sein herrliches, wertes Wort so bedauernswert zu verfälschen! Ja sie werden mit schwerer Strafe von Gott gestraft und geschlagen werden
und der Rache seines grimmigen Zorns nicht entweichen, so sie sich nicht werden bessern; denn Gott ist
feind allen Lügnern. Sie haben auch kein Erbe noch
Teil an seinem Reich, sondern ihr Erb und Teil ist
das ewige Verderben, in dem feurigen Pfuhl (2Th 2,8;
Offb 20,10; 19,20).
Zum Zweiten ist offenbar, dass die Kindertaufe zu
einem verfluchten Gräuel und Abgott erfunden ist;
denn alle, die sie empfangen, werden Christen genannt und als Teilhaber an des Herrn Gnade, Verdienst, Tod und Blut angesehen und werden sein Volk
geheißen, sei ihr Lebenslauf gleich ganz heidnisch,
wild und ruchlos; ja, ein eitles Prassen, Saufen, Spielen, Huren, Fluchen und Schwören, als ob das Wasser
bei der Taufe sie zu Christen machen und in Christus bewahren könnte51. O nein, Paulus spricht: »Wer
Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein.« (Röm 8,9) Ja,
die armen, unschuldigen Kinder, die mit dieser Taufe
nicht getauft werden, so sie doch mit des Herrn Blut
getauft sind und die Verheißung haben zu dem Reich
Gottes, müssen gleichwohl als Verdammte außerhalb
dem Kirchhof begraben werden52. O Schande in Blindheit! Wir schweigen hier noch von den Gevattern, von
dem Kreuzen, Blasen, Salzen, Ölen, Bespeien und von
dem jämmerlichen Beschwören, welches doch alles
miteinander nichts als offenbare Lästerung und Aberglauben ist und nicht von Gott befohlen. Zu welch
einer gräulichen und abscheulichen Abgötterei ist es
doch gekommen!
Zum Dritten werden wir von alten sowohl als neuen Historikern und durch Dekrete unterrichtet, dass
sie fortwährend die Taufe und die Zeit der Taufe verändert haben. Im Anfang der heiligen Kirchen wurden sie getauft in einfachem Wasser, nach der ersten
Bekenntnis, auf ihren eigenen Glauben, nach Inhalt
Gottes Wort53. Danach trat eine Veränderung ein: sie
wurden siebenmal untersucht, ehe sie getauft wurden;
später wurden sie zu zwei verschiedenen Zeiten getauft, nämlich zu Ostern und Pfingsten54. Higinius,
der zehnte Papst, hat um die Zeit Anno 146, Gevatter
oder Paten bei der Taufe eingesetzt. Zuletzt ist Anno 407, unter dem Papst Innocentio (wie Luther uns
erzählt), die Kindertaufe mit einem Gebot bestätigt
worden, welches uns sehr befürchten lässt, dass sie
nicht wieder niedergelegt werden wird, es sei denn
durch vieles unschuldige Blut der Heiligen und Kinder Gottes; wie auch die Propheten in ihren Tagen
nicht allein mit der Lehre, sondern auch mit ihrem
Blute die verfluchten Gräuel und Abgötterei der Könige, Priester und des gemeinen Volks haben strafen
müssen, wie man solches in der Schrift und in den
Historien vielfach lesen kann55
.
Ist nun die Kindertaufe aus Gottes Befehl und Wort,
warum hat denn Innocentius auch sein Gebot dazu
getan? Wie kann der Welt Taufe recht sein, da sie sie
so oftmals verändert haben? Wir bitten euch um Jesu
willen, denkt doch einmal daran, dass nicht die Ge51Pedobaptisma foedissimum idolum & abominatio.
52Judicium mundi de infantibus non baptizatis.
53De consec. distinct. 4. C. Non ration. C.
54Uno temporeq. C. de catechumenis.
55Viri dei non modo verbo, verum etiam suo sanguine abominationes corripuerunt.
36 4 Fundament und klare Anweisung von der seligmachenden Lehre
lehrten, sondern Christus Jesus der König und Meister
seiner Gemeinde ist, der über sie regiert mit seinem
Zepter, Geist und Wort (Mt 11,27)56; wie einmal gesagt
ist, dass er die Weisheit sei und niemand ist, der ihn
lehren kann; dass er dazu erschienen ist, dass er die
Wahrheit bezeugen sollte; seid ihr aus der Wahrheit,
so hört seine Stimme, glaubt seinem Wort und nicht
dem der Gelehrten; denn sein Wort ist die Wahrheit,
aber das der Gelehrten ist, in dieser Angelegenheit,
Verführung; Christus befiehlt, dass man die Gläubigen
taufen soll und hat von den unverständigen Kindern
nicht einen Buchstaben befohlen; aber die Gelehrten
sagen: Wer seine Kinder nicht taufen lässt und lässt
sich taufen auf seinen Glauben, gleichwie Christus
es befohlen hat, der ist ein Schwärmer, Wiedertäufer
und Ketzer.
Hier habt ihr nun die vorzüglichsten Gründe,
warum wir die Kindertaufe nicht allein mit Worten
sondern auch mit unserem Tod, Gut und Blut widerstreben. Denn wir wissen durch Gottes Gnade wohl,
dass nicht ein Wort in der Schrift befunden wird, mit
welchem sie die Kindertaufe bewähren mögen57. Wir
sagen euch die Wahrheit und lügen nicht. Weiß uns
jemand unter dem Himmel mit der göttlichen Wahrheit zu bezeugen, dass Christus Jesus, der Sohn des
allmächtigen Gottes, die ewige Weisheit und Wahrheit, den wir allein als Gesetzgeber und Lehrer des
Neuen Testaments anerkennen, einen Buchstaben davon geboten hat oder dass seine heiligen Apostel an
irgendwelchen Stellen der Schrift je solches gelehrt
oder geübt haben, so bedarf es wider uns nicht des
Zwanges der Tyrannei und Pein. Man zeige uns allein
Gottes Wort und unsere Sache ist geschlichtet; denn
wir suchen vor Gott nichts anderes (das weiß der, der
alle Dinge weiß), als allein in unserer Schwachheit im
Gehorsam zu wandeln nach Gottes Ordnung, Wort
und Willen, wofür wir armen, elenden Menschen von
jedermann und in allen Landen so jämmerlich gescholten, verjagt, geplündert und als unschuldige Schäflein erwürgt und ermordet werden. Dem Herrn sei
ewig Dank, dass wir als diejenigen angesehen werden, die weder des Himmels noch der Erde würdig
sind, gleichwie Christus sagt: »Alsdann werden sie euch
überantworten in Trübsal und werden euch töten. Und ihr
müsst gehasst werden um meines Namens willen von allen
Völkern.« (Mt 24,9)58
Und unser Beschluss ist, dass wir nicht allein in
dieser Sache, sondern auch in allen andern Sachen
unseres Gewissens in Ansehung der Strafe des all56Unus Christus ecclesiarum rex & Legislator.
57Ne minimum quidem iota in scripturis inveniri potest, quo pedobaptismata defendantur.
58In gloriam Dei patitur Christianus.
mächtigen Gottes, nicht beeinflusst werden dürfen,
weder durch Herren und Fürsten, noch durch Doktoren und Lehrer an Schulen, noch durch die Konzilien der Väter, noch durch lange Gewohnheiten der
Zeit, denn in dieser Angelegenheit gilt weder Kaiser noch König, weder Doktor noch Lizenziat, weder
Konzil noch Prescription, wider Gottes Wort. Es darf
an keine Person, Gewalt, Weisheit und Zeit gebunden werden, sondern wir müssen allein sehen auf
den ausgedrückten, bestimmten Befehl Christi und
auf die reine Lehre und Übung seiner heiligen Apostel, wie oben gesagt ist; denn wenn wir solches tun,
so werden wir in dieser Hinsicht weder andere noch
uns selbst betrügen. Ach wehe dem, ja wehe ihm, der
von diesem Grunde abweicht oder von demselben
abgedrungen wird, gleichviel ob durch sein eigenes
Fleisch, durch Tyrannei oder durch falsche Lehre und
der seines Herrn Wort nicht mit Mund und Leben vor
diesem argen, sündlichen Geschlecht bis in den Tod
bezeugt (Mt 10,38; 16,24).
Betrachtet mit Aufmerksamkeit, alle, die ihr des
Herrn Wort und Volk verfolgt, dass diese unsere Lehre, Grund und Glauben von der Taufe nicht anders
ist, als nach der Anweisung von Christi Wort, nämlich, dass wir erstens Gottes Wort hören müssen, dann
dasselbe glauben und so auf unseren Glauben getauft
werden; nicht darum, dass wir aufrührerisch sind und
kämpfen wollen; nicht dass wir viele Frauen haben
wollen oder ein Reich auf Erden suchen oder erwarten. Nein, nein! Gott sei ewig Dank, wir wissen wohl
was uns des Herrn Wort darüber lehrt und befiehlt;
sondern darum, dass uns des Herrn Wort befohlen
hat, zu begehren unseren Sünden von Herzen abzusterben, sie mit Christus zu begraben und mit ihm
aufzuerstehen in einem neuen Leben, gleichwie die
Taufe davon eine bildhafte Darstellung ist; dass wir
in dem Bunde seiner Gnade und seines ewigen Friedens aufrichtig und in Christus Jesus zu wandeln
begehren und ein frommes, friedliches Gewissen vor
Gott haben, gleichwie uns des Herrn Mund befohlen
hat, wie sein Vorbild bezeugt und die reinen, apostolischen Lehren und Gebräuche lehren und ausweisen
(1Pt 3,21).
4.7.2 Entgegnung mit ihren Verantwortungen
Nachdem wir in Kürze erklärt haben, des Herrn Befehl, der Apostel Lehre und Gebrauch und die Bedeutung der Taufe und dargetan haben, dass sie die rechte
Taufe war, ist und bis ans Ende bleiben wird, wollen
wir nun auch, durch des Herrn Gnade und in seinem
4.7 Taufe 37
Dienst, auf einige Schriftstellen hindeuten und sie beantworten, welche die Gelehrten ungerechterweise
dazu benutzen, des Herrn Ordnung zu vernichten
und ihre eigene an deren statt zu setzen.
Erstens lehren sie, dass wir alle Kinder des Zorns
und von sündlicher Art, aus dem sündlichen Samen
von Adam geboren sind; und darum (sagen sie) müssen die Kinder durch die Taufe von der Erbsünde
gereinigt und gewaschen werden.
Hierauf antworten wir auf diese Weise mit des
Herrn Wort: Wir glauben und bekennen wohl, dass
wir alle miteinander aus einem unreinen Samen herkommen und geboren werden; dass wir in dem ersten
irdischen Adam ganz verdorben und Kinder des Todes und der Hölle geworden sind (Röm 5,12); mit dem
Bemerken aber, dass gleichwie wir durch den ersten
Adam gefallen und zu Sündern geworden sind, so
glauben und bekennen wir auch wiederum, dass wir
in dem anderen und himmlischen Adam, Christus,
in der Gnade wieder hergestellt und gerechtfertigt
worden sind; denn dazu ist er erschienen und auf
die Erde gekommen, auf dass wir in ihm und durch
ihn das Leben haben sollen. Durch ihn allein rühmen
wir uns, Gnade, Gunst und Vergebung der Sünden
bei Gott unserem Vater erlangt zu haben und nicht
durch die Taufe, gleichviel ob wir Kinder oder Gläubige sind; denn so die Erlösung und Abwaschung der
Erbsünde durch die Taufe geschähe und nicht eigentlich durch Christi Blut, so würde das wohlriechende
Opfer, das ewig von Würde bleibt, in dieser Gestalt
vergebens und kraftlos gewesen sein; oder es müssten
zwei Mittel für unsere Sünden sein. Ach nein! Die
Schrift spricht nur von einem Mittel59, welches Christus ist mit seinem Verdienst, Tod und Blut (1Pt 1,19).
Wer nun die Vergebung seiner Sünden sucht durch
die Taufe, der verachtet des Herrn Blut und macht das
Wasser zu seinem Abgott. Darum hüte sich ein jeglicher, dass er die Ehre und den Preis Christi nicht den
äußerlichen Zeremonien und erschaffenen Elementen
gebe.
Es ist wahr, dass Petrus spricht in Apg 2,38: »Tut
Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung der Sünden!« Das darf
aber nicht so verstanden werden, als ob wir die Vergebung unserer Sünden durch die Taufe empfangen. O
nein, denn in solchem Falle würde Christus und sein
Verdienst überflüssig sein60. Aber wir empfangen die
Vergebung unserer Sünden in der Taufe und das auf
diese Weise: Der Herr hat befohlen sein Evangelium
59Unus Christi sanguis emundat a peccato.
60Non post baptismum, sed in baptismo annunciatur peccatorum
remissio.
und Wort zu predigen aller Kreatur, auf dass alle, die
daran glauben und getauft werden, selig werden mögen. Wo Glaube ist, der von Paulus eine Gabe Gottes
genannt wird, da ist auch die Kraft und Frucht des
Glaubens. Wo also ein wirkender, fruchtbarer Glaube
ist, da ist auch die Verheißung; wo aber ein solcher
nicht ist (wir meinen hier die Hörenden und Verständigen), da ist auch keine Verheißung. Denn wer des
Herrn Wort hört und mit dem Herzen glaubt, der
bringt ans Licht seine Frucht; er folgt gehorsam allem
dem, das ihm des Herrn Wort befohlen hat61. Denn
der Gerechte wird aus Glauben leben, lehrt die Schrift
(Hebr 10,38); und dann wird ihm aus Gottes Wort Vergebung seiner Sünden verkündigt, wie Petrus anweist
und lehrt.
Hätten Noah und Lot des Herrn Wort nicht geglaubt, so würde es ihnen nicht wohl ergangen sein
(1Mo 6,22). Hätte Abraham nicht geglaubt, er hätte
solche herrliche Verheißung nicht erlangt; aber nun
haben sie geglaubt und recht getan und sind Erbgenossen der Gerechtigkeit geworden (Hebr 11,8).
Hätten Mose und Israel des Herrn Wort nicht geglaubt und wären nicht gehorsam gewesen, wie wäre
es ihnen dann im Meere und in der Wüste ergangen?
Aber sie glaubten und wurden nach seiner Verheißung durch des Herrn starke Hand bewahrt und erhalten. Die ihn aber erbitterten und an sein gnädiges
Wort und große Wunder nicht glaubten, mussten in
der Wüste umkommen und durften nicht das verheißene Land betreten.
Mit den Opfern des alten Testaments waren auch
Versöhnungen verknüpft, nicht in Folge der Würdigkeit des Rauchopfers; denn das Blut von Ochsen und
Böcken (sagt Paulus) kann die Sünde nicht hinwegnehmen (Hebr 10,4). Es war auch vorhin alles des
Herrn, was konnte und mochte geopfert werden; ja
alles Vieh auf tausend Bergen war sein, spricht David
(Ps 50,10). Es geschah darum, weil sie das Wort der
göttlichen Verheißung als wahrhaftig glaubten und
so seinem Befehl im Gehorsam nachkamen. So wird
nun auch in der Taufe gepredigt die Vergebung der
Sünden, nicht um des Wassers oder geübter Zeremonien willen. Denn Christus, ich wiederhole es, muss
allein das Mittel der Gnade bleiben62; sondern vielmehr darum, dass man des Herrn Verheißung durch
den Glauben annimmt und seinem Wort und Willen
im Gehorsam nachkommt.
Unter dieser Regel und Anweisung sind die unmündigen Kinder nicht begriffen. Denn in der Schrift
ist kein Gebot gegeben, sie zu taufen. Darum wird
61Ubi vera fides, ibi etiam justitia fidei.
62Christus unicum gratiae medium.
38 4 Fundament und klare Anweisung von der seligmachenden Lehre
sie auch als ein Zeichen des Gehorsams von ihnen
nicht gefordert. Da nun die Kindertaufe nicht durch
Gottes Wort unterstützt wird, so ist sie auch keine
Zeremonie Gottes, sondern ein verderblicher Aberglaube der Menschen und eine offenbare Abgötterei;
darum haftet auch keine göttliche Verheißung an allem solchem Gräuelwerk. Ich meine, es wäre wohl
Zeit aufzuwachen und auf die Schrift zu merken. Den
unschuldigen und unmündigen Kindern wird keine
Sünde zugerechnet um Jesu Willen63. Aber das Leben ist ihnen zugesagt, nicht mittels einer Zeremonie,
sondern aus lauter Gnaden und durch des Herrn vergossenes Blut, wie er selbst spricht: »Lasst die Kindlein
zu mir kommen und wehrt ihnen nicht, denn solcher ist
das Reich Gottes.« (Mk 10,14) Aber bezüglich der Taufe
hat er ihnen nichts geboten.
Es ist nach meiner Meinung ein sehr großer Irrtum, wenn etliche vorgeben, dass der Juden Kinder
Christus angenehm waren um der Beschneidung willen und dass unsere Kinder angenehm seien um der
Taufe willen. O Laster und Schande! Allerorts muss
Christus, das einzige und ewige Mittel der göttlichen
Gnade, zurückgesetzt werden und es muss in den
stummen Werken und Elementen gesucht werden.
Hier möchte ich alle Kindertäufer fragen, womit sie
doch beweisen wollen, dass diese gesegneten Kinder allein beschnittene Knäblein und auch nicht die
unbeschnittenen Mägdlein gewesen sind? Waren die
Kinder angenehm um der Beschneidung willen (wie
sie vorgeben), waren denn nicht auch die Erwachsenen, welche ebenfalls beschnitten waren, angenehm?
Diesen hat er gleichwohl geboten, dass sie auf den
Glauben getauft werden sollten; aber den Kindern
hat er solches nicht geboten. Er hat sie in seine Arme genommen, gesegnet, die Hände aufgelegt, ihnen
das Reich des Himmels zugesagt und sie so hingehen
lassen, aber nicht getauft.
Seht, so hat Gottes Weisheit selbst gehandelt; aber
die Welt will sein Meister sein. Christus befiehlt nicht,
dass man die unmündigen Kinder, sondern die Gläubigen taufen soll; die Welt aber gebietet, dass man
die Kinder und nicht die Gläubigen taufen soll64. Ja
was noch mehr ist, so sich jemand auf seinen Glauben
taufen lässt, dieweil ihm der Herr so geboten hat und
aus Furcht seines Gewissens seine Kinder nicht taufen
lässt, dieweil ihm das durch Gottes Wort nicht befohlen ist, dessen Name wird leider von allen mit Schande überhäuft und muss außerdem allerlei Marter, Pein,
Elend und des Todes gewärtig sein. Und solches weniger von Seiten der Obrigkeit, als von denen die sich
63Infantibus non imputatur peccatum propter Christum.
64Sapientia mundi, sapientiam Dei reicit.
Lehrer und Prediger zu sein rühmen; denn was die
Obrigkeit tut, geschieht gemeinhin auf Anraten der
Gelehrten. Die Frucht beweist wohl, aus wessen Vater
sie geboren sind, denn sie müssen seine Werke tun.
Sie sind es allezeit gewesen, werden es auch, nach
meiner Meinung, wohl bleiben, die mit ihren falschen
Lehren, neidischen Art und rachsüchtigen Herzen alles rechtschaffene Blut getrunken, umgebracht und
ermordet haben (Offb 17,6; 18,24). Solche Verfolgung
ist so schändlich, dass man sich schämt, es niederzuschreiben. Denn gleich wie die Sonne scheint vor der
ganzen Welt und von jedermann gesehen wird, so
offenbar scheint auch der Gelehrten unmenschliche,
rasende Tyrannei gegen das Lamm und seine Auserwählten65. Gott gebe, dass doch diese blinden, verkehrten und blutdürstigen Lehrer, mit allen Tyrannen,
einmal möchten sehend und aller falschen Lehre und
unschuldigen Blutes satt und müde werden. Amen.
Zum anderen sagen sie, die israelitischen Kinder
seien im alten Testament durch die Beschneidung
in Gottes Bund und Gemeinde aufgenommen worden. Nun aber werden unsere Kinder aufgenommen
durch die Taufe. Darauf antworten wir mit der heiligen Schrift, nein. Denn wer die Schrift mit Verstand
liest, wird ohne alle Dunkelheit finden, dass Abraham
viele Jahre zuvor in des Herrn Bund stand, ehe er
beschnitten wurde. Dass auch die Kinder am achten
Tage beschnitten wurden, wiewohl sie vorhin im Bunde waren. Denn es ist offenbar, dass wir nicht durch
irgendein auswendiges Zeichen Gottes Kinder sind,
sondern durch die väterliche Erwählung der Gnade,
durch Christus Jesus (Eph 1,3). Aber das auswendige
Zeichen wurde von Abraham gefordert als ein Gehorsam und Siegel seines Glaubens66. Desgleichen auch
von seinem Samen, dass sie ihre Kinder beschnitten
auf den achten Tag, nicht früher, auch nicht später, die
Knäblein und nicht die Mägdlein (1Mo 17,12). Wäre
nun der Bund von einem Zeichen abhängig gewesen
und nicht von der Erwählung der Gnade, wo würden
dann die Mägdlein geblieben sein und auch die Knäblein, die unbeschnitten in den sieben Tagen gestorben
sind?
Lieber Leser, merke auf des Herrn Wort. Denn wiewohl die Frauen und Mägdlein unbeschnitten waren,
haben sie gleichwohl einerlei Verheißung gehabt von
dem verheißenen Samen, Land, Reich und Herrlichkeit. Sie waren nicht weniger Abrahams Same und
Gottes Bund und der Bedeutung desselben Zeichens
ebenso unterworfen, als die beschnittenen Männer
65Tyrannia concionatorum.
66Manifestum est nos non signis, sed gratuita Dei misericordia
recipimur adoptari in filios Dei, post Christum.
4.7 Taufe 39
und Knäblein. Daraus geht offenbar hervor, dass die
Kinder Israel nicht durch die Beschneidung, wie die
Kindertäufer vorgeben, sondern durch die Erwählung
der Gnade in des Herrn Bund gewesen sind.
Und gleich wie Abraham und die israelitischen
Kindlein, sowohl die Knäblein als die Mägdlein, nicht
durch das Zeichen, sondern durch die Auserwählung
im Bund waren, so sind auch unsere Kinder in Gottes
Bund, wiewohl sie nicht getauft sind. Das Wort Pauli
steht fest: »Er hat uns auserwählt in ihm, ehe die Welt
gegründet war [. . . ] und hat uns geordnet zu Kindern vor
ihm selber, durch Christum Jesum.« (Eph 1,4-5)
Noch eins: den Kindern gehört das Himmelreich
zu und sie stehen unter der Verheißung der Gnade
Gottes, durch Christus, wie gesagt ist; und darum
glauben wir wahrhaftig, dass sie selig, heilig und rein
sind, Gott angenehm, in dem Bund und Haus Gottes, aber keineswegs durch irgendwelches äußerliche
Zeichen; denn es gibt in der ganzen Schrift kein Wort,
durch welches man nachweisen könnte, dass Kinder
durch ein solches Zeichen in den Bund oder die Gemeinde aufgenommen werden sollen67. Außerdem
ist es selbstverständlich, dass sie weder gelehrt noch
durch Wort oder Sakrament ermahnt werden können,
solange sie weder zu hören noch zu verstehen vermögen.
Darum müssen die Zeichen zu keinem andern
Zweck gebraucht werden, als zu dem sie der Herr
selbst eingesetzt und befohlen hat. Dieweil dann
Christus verordnet und geboten hat, die Gläubigen zu
taufen und hat vom Kindertaufen nicht einen Buchstaben erwähnt; darum glauben und lehren wir, dass
die Taufe der Gläubigen aus Gott und Gottes Wort sei
und die Taufe der Kinder aus dem Drachen und Tier.
Alle von Gott verordneten Zeremonien, sowohl des
alten und des neuen Testaments, sind dazu verordnet,
dass dadurch unser Glaube geübt und der Gehorsam
bewiesen werde68. Darum dürfen wir die selbigen
nicht nach unserem Gutdünken gebrauchen oder verändern; sondern wir müssen sie so gebrauchen, wie
sie der Herr selbst in seinem Wort angeordnet und befohlen hat, wollen wir nicht mit dem Feuer des grimmigen Zornes Gottes, gleich wie Nadab und Abihu
gestraft werden (3Mo 10,2).
Da nun Christus den Gläubigen die Taufe befohlen hat und nicht den unmündigen Kindern und die
heiligen Apostel diese Art der Taufe, nach Christi Anweisung und Befehl, lehrten und übten, wie aus vielen Stellen des neuen Testaments zu ersehen, so müssen wohl alle vernünftigen Menschen zugeben, dass
67Ratione permissionis scimus pueros esse beatos.
68Usus ceremoniarum erit juxta verbum Dei.
die Kindertaufe, die nun leider bei der ganzen Welt
gebraucht und mit so viel Tyrannei behauptet wird,
nichts als eine Zeremonie des Antichristen, ein offenbares Laster, eine Zaubereisünde, ein gegossenes Kalb,
ja Gräuel und Abgötterei ist.
Wir wissen wohl, wie die Beschneidung bildhaft
auf die Taufe Bezug zu haben betrachtet wird und wie
sie zum Beweis davon die Worte Pauli »In welchem ihr
auch beschnitten seid . . . « (Kol 2,11) anführen. Wer mit
diesem Spruch beweisen will, dass die Kindertaufe
recht sei, der tut dem heiligen Paulus Gewalt an und
verkehrt sein Zeugnis. Denn er lehrt nicht, dass die
auswendige Beschneidung ein Vorbild der Taufe sei,
sondern er spricht von der inwendigen Beschneidung
(Phil 3,3). Denn gleichwie die buchstäbliche Beschneidung an dem Glied der Geburt mit einem steinernen Messer geschah, so muss auch nun unsere durch
Adam angeborene Art und Natur, mit dem geistlichen steinernen Messer und mit einer Beschneidung
beschnitten werden, die ohne Hände geschieht69. Der
Stein ist Christus (1Kor 10,4); das Messer ist Gottes
Wort (Hebr 4,12). Seht, mit dieser Beschneidung werden die Gläubigen beschnitten und nicht die unmündigen Kinder, wie solches Paulus offenbar durch seine
Worte zu lehren bestrebt ist: »In welchem ihr auch beschnitten seid mit der Beschneidung ohne Hände, durch
Ablegung des sündlichen Leibes im Fleisch, nämlich mit
der Beschneidung Christi; indem dass ihr mit ihm begraben
seid durch die Taufe; in welchem ihr auch seid auferstanden
durch den Glauben, den Gott wirkt, welcher ihn auferweckt
hat von den Toten.« (Kol 2,11-12) Ich denke, diese Worte
beweisen wohl, dass Paulus nicht von der Taufe der
unmündigen Kinder, sondern von der inwendigen
Beschneidung der Gläubigen redete. Dazu lest auch,
was wir über Röm 6 oben gesagt haben.
Zum Dritten sagen sie, dass die Kinder in der Taufe
wiedergeboren werden, Christus anziehen und den
heiligen Geist empfangen.
Darauf antworten wir: Wiedergeboren werden,
Christus anziehen und den heiligen Geist empfangen sind eins und nach der Kraft in sich selbst nicht
zerteilt. Habt ihr das eine, so habt ihr auch das andere.
Solches bezieht sich aber keineswegs auf die unmündigen Kinder, denn die Wiedergeburt geschieht durch
den Glauben, durch Gottes Wort und ist eine Veränderung des Herzens oder des inwendigen Wesens,
wie oben gesagt ist. Christus anziehen, ist in Christus versetzt sein und gesinnt zu werden gleichwie er.
Den heiligen Geist empfangen, ist seiner Gaben und
Kraft teilhaftig und von ihm gelehrt, versichert und
69Externa circumcisio typus fuit internae circumcisionis, non baptismi.
40 4 Fundament und klare Anweisung von der seligmachenden Lehre
getrieben zu werden, wie die Schrift lehrt. Solches
aber kann bei unmündigen Kindern nicht stattfinden,
denn sie haben keine Ohren des Herrn Wort zu hören und keine Vernunft es zu verstehen. Denn aus
dem Wort und dem Hören desselben geht dieses alles
hervor.
Hier mag vielleicht gefragt werden, ob denn Gott
nicht mächtig ist, selbst in den Kindern Glauben hervorzurufen, indem doch Johannes der Täufer, noch
ungeboren, vor Freuden in seiner Mutter Leib hüpfte.
Hier sagen wir, dass wir von Gottes Macht nicht
reden, er machte den alten, erstorbenen Leib der Sara
fruchtbar (1Mo 21,2) und hat Bileams Esel reden lassen
(4Mo 22,27). Daraus folgt nicht, dass alle alten Frauen
fruchtbar werden und alle Esel reden sollen. Er tut
nicht zu jeder Zeit alles, was er zu tun vermag; wir
sprechen deshalb lediglich von der Regel der Schrift
und was uns dieselbe bezüglich dieser Punkte lehrt
und befiehlt. Da die unvernünftigen Kinder des Verständnisses des Worts ermangeln, so können sie auch
nicht glauben und weil sie nicht glauben, können sie
auch nicht wiedergeboren werden. Dass sie nicht Ohren für das Wort Gottes haben, lehrt uns die Vernunft.
Dass sie auch nicht glauben und wiedergeboren werden, geht aus dem hervor, was sie tun; denn mögen sie
getauft oder nicht getauft sein, so ist ihre angeborene
Natur gleichwohl von Jugend auf zum Bösen geneigt
(1Mo 8,21). Sie kennen keinen Unterschied zwischen
Christus und dem Satan; zwischen dem Guten und
dem Bösen; zwischen Leben und Tod. Aus was soll
man nun ihren Glauben und ihre Wiedergeburt erkennen und wissen, dass sie Christus und seinen Geist
besitzen? Das wiedergebärende Wort muss zum Ersten gehört und mit getreuem Herzen geglaubt werden,
ehe die Wiedergeburt, das Anziehen Christi und der
Einfluss des heiligen Geistes folgen können.
Seht, so lehrt uns des Herrn Wort. Wer nun das
wohlschmeckende Brot des göttlichen Worts, davon
unsere Seelen leben müssen, nicht mag, der muss sich
mit den Schweineträbern sättigen lassen, wir können
es nicht wehren (Lk 15,16). Ich hoffe, der gnädige Vater
werde uns mit seiner großen Barmherzigkeit vor ihrer
antichristlichen Lehre und pharisäischen Sauerteig
gnädig beschirmen und bewahren.
Zum Vierten sagen sie, obwohl die unmündigen
Kinder in der Taufe nicht also von der Erbsünde gewaschen werden, dass dieselbe nicht mehr da sei, so
soll ihnen dieselbe dennoch um der Taufe willen nicht
zur Sünde gerechnet werden.
Darauf antworten wir: So zu lehren und zu glauben
ist eine offenbare Lästerung Christi und seines Blutes.
Ich habe wohl mehr denn einmal aus des Herrn Wort
bewiesen, dass Christus das einzige Mittel sei gegen
unsere Sünden und sonst ewiglich kein anderes Mittel
ist (Jes 43,25; Mt 1,21; Apg 4,12). Wollen die Menschen
aber Gottes Wort nicht glauben, so kann ihnen weder
von mir noch irgendeinem anderen geholfen werden.
Aber die Art und Weise, in welcher die Gläubigen
in der Taufe Vergebung der Sünden empfangen, ist
oben erklärt worden; und wer unsere Worte darüber
mit richtigem Verständnis liest, der wird dem Herrn
Christus wohl seine Ehre geben und die Vergebung
seiner Sünden nicht den stummen Zeremonien und
Elementen zuschreiben.
Zum Fünften sagen sie, Christus habe seine Gemeinde gereinigt und geheiligt mit dem Wasserbad
im Wort (Eph 5,26). Die kleinen Kinder sind in der Gemeinde, sagen sie, darum müssen sie auch mit dem
Wasserbad gereinigt werden durchs Wort.
Darauf antworten wir: Paulus redet hier nicht von
unmündigen Kindern, sondern von denen die des
Herrn Wort hören, glauben und deren Herzen so
durch den Glauben geheiligt und gereinigt werden.
Denn solche werden mit dem Wasserbad gewaschen,
gleichwie ihnen des Herrn Mund befohlen hat. Da
nun die unmündigen Kinder den reinen, heiligmachenden Glauben nicht haben, noch die Mittel zum
Glauben (Röm 10), nämlich das Verständnis, auch in
der Schrift von dem Wasserbad keinen Befehl haben,
wie können sie dann mit dem Wasserbad gereinigt
werden durch das Wort, da sie doch keinen Glauben
haben an das Wort und kein Wasserbad durchs Wort?
Darum sollen alle Kindertäufer wissen, dass ihre Kindertaufe nicht allein nicht reinigt noch heiligt, sondern
dass sie ganz und gar abgöttisch, ohne Verheißung,
verderblich und wider des Herrn Wort ist.
Wir haben zuvor dargetan, dass der Juden Opfer
mit Vergebung der Sünden oder Versöhnung verknüpft waren, ja diese zum Zweck hatten, wenn sie
nach der Anweisung Moses geschahen. Wenn sie aber
davon abwichen, erlangten sie dadurch keine Versöhnung, sondern verfielen umso mehr der Sünde, wie
Saul, Ussija, Nadab, Abihu und andere (3Mo 10,2;
2Chr 26,19). Gleichermaßen wird auch die Gemeinde
mit dem Wasserbad geheiligt und gereinigt im Wort,
wenn es in allen Dingen nach Anweisung des Worts
geschieht. Wo es nicht so geschieht, da wird man nicht
gereinigt, sondern vielmehr in Sünde gestürzt.
Und wiewohl die Kinder weder Glauben noch Taufe haben, so denke man dennoch nicht, dass sie darum verdammt sind. Ach nein, sie sind selig; denn sie
haben des Herrn eigene Verheißung zu dem Reich
Gottes, nicht durch irgendwelche Elemente, Zeremonien oder äußerliche Gebräuche, sondern allein aus
der Gnade durch Christus Jesus (Mt 19,13-15). Und
darum glauben wir auch wahrhaftig, dass sie in Gna-
4.7 Taufe 41
den sind, ja, dass sie Gott angenehm, rein, heilig und
Erbgenossen Gottes und des ewigen Lebens sind. Um
dieser Verheißung willen, dürfen sich alle gläubigen
Christen ihrer Kinder Seligkeit mit ruhigem Herzen
freuen und trösten.
Zum Sechsten sagen sie, dass die unmündigen Kinder um der Verheißung willen, wie oben erläutert,
getauft werden sollen, wiewohl Christus die zu ihm
gebrachten Kinder weder taufte noch taufen ließ; aber
sie sagen, dass er solches nach seinem Tode hat lehren
und tun lassen.
Darauf antworten wir, dass solcher Vorwand falsch
und ohne Gottes Wort ist, ja er kann mit keinem Buchstaben der Schrift unterstützt werden. Wir freuen uns
von Herzen, dass sie die Verheißung haben; dass sie
aber darum sollten getauft werden, darüber lehrt uns
die Schrift nichts und der Umstand, dass sie vor des
Herrn Tod nicht getauft wurden, macht uns in unserer
Behauptung um so sicherer und zwar aus folgendem
Grunde: Wir wissen mit Sicherheit, dass er nach seinem Tode mit keinem anderen Worte einen anderen
Grund, eine andere Taufe gelehrt oder einen anderen
Geist und eine andere Verheißung gegeben hat, als
vor demselben und dass er auch andere nicht beauftragte, eine verschiedene Lehre zu verbreiten. Dass
er, nach seinem Tod und seiner Himmelfahrt, seinen
heiligen Aposteln befahl, die Kindertaufe zu lehren
und zu üben, kann mit des Herrn Wort nimmermehr
bezeugt werden70
.
O Fleisch, Fleisch! Du schämst dich nicht dem
Herrn Christus und seinen Aposteln deine Lüge aufzubürden und deine Kindertaufe unter dem Schein
der Übereinstimmung mit dem göttlichen Wort zu
üben, gleich als ob der Herr solches gelehrt hätte, wiewohl er es niemals tat. Wie gleich seid ihr denen, die
da sagen: »Der Herr hat's geredet; so ich's doch nicht
geredet habe.« (Hes 13,7)
So oft als wir dann gefragt werden, warum man die
Kinder nicht taufen soll, da sie doch in Gottes Gemeinde, Gnade, Bund und Verheißung sind, antworten wir:
Darum, weil es der Herr weder gelehrt noch befohlen
hat.
Zum Siebten sagen sie: Die Schrift unterrichtet uns,
dass die Apostel ganze Familien getauft haben, was
leicht zur Vermutung führe, dass auch kleine Kinder
darunter waren (Apg 16,15).
Hierauf antworten wir zum Ersten: Mit diesem Einwurf bekennen sie, dass sie ihre Lehre auf Vermutungen gründen wollen und mithin keinen schriftgemäßen Beweis haben.
70Qualis doctrina Christi erat antem mortem ipsius, talis erat et
post.
Zum Zweiten antworten wir, dass wir in solchen
wichtigen Gewissenssachen nicht auf unsichere Vermutungen bauen dürfen, sondern auf das gewisse
Wort, das unseren Füßen eine Leuchte und unseren
Wegen ein Licht ist (Ps 119,105).
Zum Dritten antworten wir, dass die Schrift uns
namentlich von vier getauften Familien berichtet;
nämlich, von der des Kornelius, der des Kerkermeisters, der der Purpurkrämerin und der des Stephanas
(Apg 10,48; 16,15+33; 1Kor 1,16) und die Schrift gibt
uns deutlich zu verstehen, dass besonders drei dieser
Familien oder Häuser alle gläubig waren; nämlich,
die des Kornelius, des Kerkermeisters und die des
Stephanas. Was aber die Familie der Purpurkrämerin anbetrifft, so muss der Leser wissen, obgleich die
Schrift nichts Genaues über sie berichtet, dass es weder in der Schrift üblich noch ein Gebrauch der Welt
ist, die Familie nach der Frau Namen zu nennen, solange der Mann noch am Leben ist. Da Lukas aber hier
die Familie nach dem Namen der Frau und nicht nach
dem des Mannes nennt, so lehrt uns die Vernunft, dass
Lydia zu jener Zeit entweder eine Witwe oder eine
Jungfrau war. Inwiefern man die unmündigen Kinder
in ihrem Hause als einen Beweis für die Richtigkeit
der Kindertaufe gelten lassen kann, darüber wollen
wir den gottesfürchtigen Leser urteilen lassen.
Zum Vierten antworten wir, dass in dem Wort Häuser oder Hausgesinde, die unmündigen Kinder in der
Schrift nicht begriffen sind; denn Paulus spricht von
unnützen Schwätzern, die ganze Häuser verführen
und ein unmündiges Kind kann mit keiner falschen
Lehre verführt werden, das ist unwidersprechbar. Darum können auch unter dem Wort Häuser, keine anderen verstanden werden als allein die, welche Ohren
haben zu hören und Herzen zu verstehen.
Zum Letzten berufen sie sich auf Origenes und Augustinus und sagen, dass diese vorgeben, die Kindertaufe von den Aposteln empfangen zu haben.
Darauf antworten wir und fragen, ob auch Origenes
und Augustinus das aus der Schrift bewiesen haben?
Haben sie solches getan, so begehren wir es zu wissen;
haben sie es aber nicht getan, so müssen wir Christus
und seine Apostel hören und ihnen glauben und nicht
Augustinus und Origenes.
Dass dieses aber nicht der Fall ist, kann leicht aus
Cyprianus ersehen werden, weil derselbe die Kindertaufe nicht beregt hat, so mich die langjährigen
Kirchenregister der Prediger von Nordlingen richtig
belehrt und mit dem Worte Liberum nicht betrogen
haben.
Cyprianus war auch ein Grieche wie Origenes und
lebte 25 Jahre nach ihm. Wenn nun die Kindertaufe
der Apostel Lehre und Gebrauch gewesen ist, wie Ori-
42 4 Fundament und klare Anweisung von der seligmachenden Lehre
genes und Augustinus vorgeben, so müsste es erstens
mit der Schrift bewiesen sein und Cyprianus würde
nicht wenig gesündigt haben, sollte er der Apostel
Lehre und Gebrauch dem allgemeinen Gutdünken
freigestellt haben. Denn alles was apostolisch ist, darf
von keinem Menschen in einen anderen Gebrauch
verändert werden. Das Wort Pauli steht fest: »So auch
wir oder ein Engel vom Himmel euch würde Evangelium
predigen anders, denn das wir euch gepredigt haben, der
sei verflucht!« (Gal 1,8) Oder wir würden bekennen
müssen, dass die zwölf Apostel mit ihrer Lehre nicht
die zwölf Fundamente und zwölf Tore des neuen Jerusalems sind (Offb 21,12).
Ist die Kindertaufe apostolisch, warum schreibt
dann Tertullian und sagt: »Die so zur Taufe gehen,
bekennen daselbst und auch eine Zeit lang vorher in
der Gemeinde, vor dem Bischof, dass sie entsagen
dem Teufel, seinem Pomp und Engeln, danach werden sie . . . ?« Über diese Stelle annotiert Revanus, dass
es der Alten Gebrauch gewesen sei, dass Adulti, das
sind die Erwachsenen, mit dem Bad der Wiedergeburt
getauft worden sind.
Dass die Kindertaufe nicht apostolisch gewesen ist,
mögt ihr aus dem Unsinn Athanasius wohl merken,
wie Ruffinus interpres Euseb. 10, libro Ecclesiast. Histo. Kap. 14, mit klaren Worten dartut.
Bedenkt auch, wie die ersten Schreiber um die Kindertaufe sehr gezankt haben. Wäre sie apostolisch gewesen und aus dem Evangelium hergeleitet, warum
würden sie dann darum gestritten haben?
Hierbei lest auch Erasmus von Rotterdam in sua
concilion, d. h. seinen öffentlichen Reden; Sebastian
Frank in seiner Chronik; Ullrych Zwingli in seinem
Artikelbuch; Martinum Cellarium de immensis operibus
Dei, d. h. über die gewaltigen Werke Gottes. Da werdet
ihr wohl finden, dass die Kindertaufe der Apostel
Lehre und Gebrauch nicht ist.
Siehe, lieber Leser, ich ermahne dich und rate dir,
wenn du deinen Gott von Herzen suchst und nicht betrogen werden willst, verlass dich nicht auf Menschen
und Menschenlehre, für wie alt, heilig und herrlich
sie auch immer angesehen werden mögen. Denn ein
Theologe ist wider den anderen, sowohl in alter als
in neuer Zeit, sondern verlass dich allein auf Christus
und Christi Wort, auf die untrügliche Anweisung und
Gebrauch seiner heiligen Apostel, so wirst du durch
Gottes Gnade vor aller falschen Lehre und Teufels
Gewalt wohl bewahrt bleiben und mit einem freien
und frommen Gemüt vor deinem Gott wandeln.
4.7.3 Eine Vermahnung an die Verächter
des Worts von der Taufe
Wir wissen wohl, lieber Leser, dass es viele unnütze
Schwätzer gibt, die aus dem Buchstaben der Schrift
zwar erkennen, dass nicht die unmündigen Kinder,
sondern allein die an Christus Gläubigen getauft werden sollen und dennoch sprechen: »Ei Lieber! Was
kann uns das Wasser helfen? Wir sind einmal in Gottes Namen getauft. Hätten wir nur das neue Leben,
so sollte uns das schon genug sein.« O lieber Herr! So
wird überall dein edles, teures Wort von der ruchlosen
Welt als eine Fabel Esopi betrachtet, als ob die allmächtige Majestät Gottes, die ewige Weisheit und Wahrheit,
irgendwelche Dinge vergebens gelehrt und befohlen
habe. Nein, mein guter Leser, nein! Sein Name ist herrschender Herr; sein Wort ist sein Wille; sein Gebot ist
das ewige Leben. Alles, was er uns gelehrt und befohlen hat, will er unzweifelhaft auch von uns gehalten
haben; tun wir das nicht, dann wehe uns. »Ihr seid
meine Freunde (spricht Christus) so ihr tut alles, was ich
euch befohlen habe.« (Joh 15,14) »Mein Anschlag (spricht
der Prophet) besteht, und ich tue alles, was mir gefällt.«
(Jes 46,10) Darum, o Kreatur! Lass ab mit deinem Gott
zu streiten. Höre ihn und sei ihm gehorsam, denn es
ist dies sein göttlicher Rat, Wort und Wille. Wer bist
du, dass du mit deinem Gott rechten willst? Christi
Schafe hören seine Stimme (Joh 10,27). Die wahrhaftigen Christen glauben und gehorchen. Seid ihr aufrichtige Christen, aus Gott geboren, warum erschreckt
und fürchtet ihr euch dann vor der Taufe, die doch
das Wenigste ist von dem, das euch Gott befohlen hat?
Es ist ja ein schwereres und wichtigeres Gebot, deinen
Feind zu lieben; Gutes zu tun denen, die euch Böses
zufügen; in dem Geist und der Wahrheit zu bitten
für die, die euch verfolgen; euer boshaftes, gottloses
Fleisch zu kreuzigen mit seinen unreinen Lüsten und
Begierden. Deine dünkelhafte Hoffart; deinen kargenden Geiz; deine anstößige Unkeuschheit; deinen blutigen Hass; dein Schwelgen, Fressen und Saufen; deine
verfluchte Abgötterei; dein neidisches Hinterreden;
und deine ungezähmte, schändliche Zunge aus deinem Munde zu reißen und dein Herz und Fleisch zu
beherrschen; deinen Herrn und Gott, deinen Schöpfer und Seligmacher von ganzem Herzen zu fürchten
und zu lieben und dich in allen Dingen zu schicken
nach seinem heiligen Wort und deinen Nächsten in
aufrichtiger, unverfälschter Liebe nach all deinem Vermögen zu dienen mit Gut, Haus, Land, Rat, mit deinem sauren Schweiß und Arbeit; ja, auch mit deinem
Tod und Blut, wenn es die Not erfordert (Eph 4). Alles
Elend, Verachtung und das drückende Kreuz Christi
mit getreuem Herzen zu tragen, um des Herrn Wort.
4.7 Taufe 43
Christus Jesus bekennen vor Herren und Fürsten, in
Kerker und Banden, mit Mund und Leben, bis in den
Tod (Eph 4,15; 1Joh 3,16).
Wir meinen, dass diese und dergleichen Gebote
dem verkehrten Fleisch, das so gern allezeit seine eigenen Wege wandeln will, viel peinlicher und schwerer
sind, als eine Hand voll Wassers zu empfangen. Und
ein aufrichtiger Christ muss jederzeit zu allem diesem
bereitstehen; wo nicht, so ist er nicht aus Gott geboren;
denn die Wiedergeborenen sind gesinnt wie Christus
Jesus.
Alle die, welche durch Gottes Gnade aus Adam in
Christus versetzt werden, der göttlichen Natur teilhaftig geworden und mit dem Geist und Feuer der himmlischen Liebe von Gott getauft sind, die werden nicht
so schmählich wider den Herrn zanken und sprechen:
»Lieber, was kann mir das Wasser helfen?« Sondern sie
sprechen mit dem zitternden Paulus (Apg 9,6): »Herr
was willst du, dass wir tun sollen?« Und mit den Bußfertigen am Pfingsttage: »Liebe Brüder, was sollen wir
tun?« (Apg 2,37) Sie sagen sich los von ihrer eigenen
Weisheit und halten sich des Herrn Wort gegenwärtig; denn sie werden von seinem Geiste getrieben und
tun alles das, was ihnen vom Herrn befohlen worden ist, durch den Glauben und aus freiwilligen und
gehorsamen Herzen.
Aber solange sie in ihren Gewissen nicht erneuert
und nicht wie Christus gesinnt sind, nicht mit dem
reinen Wasser aus dem lebendigen Brunnen Gottes
an dem inwendigen Menschen gewaschen sind, mögen sie wohl mit recht sagen: Was kann uns das Wasser helfen? Denn solange sie irdisch und fleischlich
gesinnt bleiben, können sie selbst mit dem ganzen
Ozean nicht gereinigt werden.
Mein getreuer Leser, glaube nicht, dass wir so
großes Gewicht auf die Elemente und Gebräuche legen. Ich sage dir die Wahrheit in Christus und lüge
nicht. Wenn jemand zu mir käme, er wäre gleich ein
Kaiser oder ein König und wollte getauft sein, wandelte aber noch nach den unreinen, gottlosen Lüsten
seines Fleisches und das unsträfliche, bußfertige, neue
Leben wäre nicht in ihm, so hoffe ich durch Gottes
Gnade, dass ich lieber sterben würde, als einen solchen unbußfertigen, fleischlichen Menschen zu taufen.
Denn wo der erneuernde, wiedergebärende Glaube
nicht ist, der uns zum Gehorsam leitet, da ist auch
keine Taufe. Gleichwie Philippus zu dem Kämmerer
sagte und sprach: »Glaubst du von ganzem Herzen, so
mag es wohl sein.« (Apg 8,37) Aber soviel sollt ihr dennoch wissen, dass, so der Täufling mit einem heuchlerischen Herzen in dem Schein des Glaubens zur
Taufe käme, dass seine Heuchelei nicht dem Täufer,
sondern dem Täufling selbst zur Sünde zugerechnet
werden soll; denn niemand kann wissen, was in des
Menschen Herzen ist, als der Geist des Menschen, der
in ihm ist (1Kor 2,11).
Ich bin der Meinung, dass ihr aus diesen meinen
Worten leicht ersehen könnt, dass wir nach keinem
anderen Wasser verlangen, als nach dem, welches des
Herrn Wort befohlen hat. Denn weil wir glauben, dass
Christus der rechte und wahrhaftige Messias ist, auf
welchen das Gesetz und die Propheten weisen, welchen alle gerechten Väter und Patriarchen begehrt
haben; dass er vom Himmel gekommen ist und die
Wahrheit bezeugt hat und dass sein Gebot das ewige
Leben ist; so müssen wir auch seine Stimme hören
und seinem Wort gehorsam sein; wo nicht, so beweisen wir mit der Tat, dass wir nicht glauben, sondern
seinen Rat und sein Wort verwerfen und gegen seine
Liebe undankbar sind.
Ich weiß wohl, dass eurer viel sagen werden, wir
sind einmal in Gottes Namen getauft worden, damit
wollen wir zufrieden sein. Darauf antworten wir: So
ihr Gott von Herzen fürchtet und sein Wort und Ordnung für recht und gut erkennt, so müsst ihr selbst
zugestehen, dass ihr nicht in Gottes Namen, sondern
wider Gottes Namen getauft seid. Es ist wohl wahr,
dass der anbetungswürdige, hohe Name Gottes über
euch genannt wurde, aber in keiner anderen Bedeutung, als er ausgesprochen wird über Glocken, Kirchen, Altäre, Weihwasser, Lichter und Palme. Alle
antichristlichen Abgöttereien und Gräuel werden leider sämtlich unter dem Schein des göttlichen Namens
vollführt, dennoch geschehen sie nicht kraft seines Namens, sondern wider seinen Namen (2Mo 20), denn
sie geschehen wider sein Wort und seinen Willen.
Mein lieber Leser, denke über diese Worte wohl
nach und richte sie mit des Herrn Wort und du wirst
finden, dass deine empfangene Taufe, ohne allen Befehl von Gottes Wort, durch eigene Gerechtigkeit ausgeführt und von Menschen erfunden und eingesetzt
wurde und darum auch vor Gott, der allein in seiner
Gemeinde herrschen und regieren will, verbannt und
verflucht ist. Wollt ihr euch denn der Verheißung erfreuen und Mitgenossen der Gemeinde Christi sein,
so müsst ihr des Herrn Wort glauben und seinem
Rat, Willen und seiner Ordnung folgen und gehorsam
sein. So ihr diese aber verachtet, eurem eigenen Rat
und Willen und nicht des Herrn Rat und Willen folgen wollt, so könnt ihr euch nicht der Verheißungen
der Schrift vertrösten. »Denn wer nicht glaubt (spricht
Christus), der ist schon verdammt.« (Joh 3,18)
Darum tröstet euch nicht länger mit einem solchen
eitlen Trost, dass ihr sprecht: Wir sind einmal getauft;
denn euer Herz ist noch ganz und gar ungläubig, ja
widerspenstig und unrein. Euer ganzes Leben ist ir-
44 4 Fundament und klare Anweisung von der seligmachenden Lehre
disch und fleischlich und eure Taufe ist antichristlich
und außer Gottes Wort. Darum wacht auf, tut Buße,
glaubt Christus, sucht, fürchtet und liebt Gott von
ganzem Herzen, dann wird euch des Herrn Wort und
seine Salbung wohl lehren, was ihr in diesen Dingen
tun oder lassen sollt. Sagt auch nicht, wie etliche zu
sagen pflegen, ich will mich von der Kirche und der
Abgötterei lossagen, ich will meinem Nächsten dienen, aber die Taufe will ich nicht.
O ihr blinden Menschen! Meint ihr dass es dem
Herrn angenehm sei, wenn ihr euch der Kirche entzieht, Almosen gebt und dergleichen, aber nichts desto weniger sein Wort verwerft? Nein, nein! Er will
Gehorsam und kein Opfer (1Sam 15,22). Er will das
ganze Herz und den ganzen Menschen. Vor ihm gilt
weder Kirche noch Almosen, weder Wort noch Werk,
solange er nicht euer neues Herz und euer neues Leben sieht. »Denn in Christo Jesu (spricht Paulus) gilt weder Beschneidung noch Vorhaut etwas, sondern der Glaube,
der durch die Liebe tätig ist, eine neue Kreatur, und das
Halten der Gebote Gottes.« (Gal 5,6; 6,15; 1Kor 7,19)
Und wer in Christus erneuert und aus Gott geboren ist, der lebt nicht mehr, wie Paulus sagt, sondern
Christus Jesus lebt in ihm. Er richtet alle seine Wege nach des Herrn Wort, denn der kräftig wirkende
Glaube zwingt ihn zu allem Gehorsam und zu guten
Werken. Wo aber das neue Wesen nicht ist, da findet
man wohl schöne Worte, aber in dem Grund nichts
als eitlen Unglauben, Ungehorsam, eigensinniges Gutdünken und einen verkehrten Weg.
Hiermit bitte und ermahne ich euch, liebe Leser,
dass ihr doch dem Herrn nicht solchermaßen widerspenstig sein und sagen wollt: Was kann uns
das Wasser helfen? Sondern dass ihr doch bedenken
wollt, dass sich Christus Jesus selbst hat taufen lassen
(Mt 3,13), obwohl er keine Sünde getan hatte, noch
Betrug in seinem Munde gefunden wurde (1Pt 2,22),
ja welcher selbst die Gerechtigkeit, der Weg, die Wahrheit und das Leben war. Sagt doch, was konnte Christus das Wasser helfen, der doch alles in allem war?
Auch wurden die Jünger von Ephesus wiederum von
Paulus getauft, weil sie nichts von dem heiligen Geist
wussten, obwohl sie schon mit Johannes' Taufe getauft waren (Apg 19). Hat sich nicht Christus selbst
taufen lassen, der keine Sünde hatte und sind auch
abermals von Paulus getauft worden, die mit Johannes' Taufe früher schon getauft waren, welche Taufe
doch aus dem Himmel war; warum verachtet ihr denn
des Herrn Taufe, die ihr arme, elende Sünder seid und
ohne irgendwelche Erkenntnis und ohne Glauben getauft seid, mit einer Taufe, die aus dem Drachen und
Tier ist?
So auch hat Cyprianus der Märtyrer mit seinem ganzen Konzil in Afrika beschlossen, dass man diejenigen,
welche von den Ketzern getauft waren, wiederum mit
der Taufe Christi taufen sollte und zwar darum, weil
sie erachteten, dass der Ketzer Taufe nicht die Taufe
Christi sein könne. Denkt nun ein wenig nach, meine
guten Leser, was es für Leute waren, die euch tauften;
von wem sie gesandt waren; welchen Glauben sie hatten; welch ein Leben sie führten; in welcher Lage und
auf welche Weise sie euch tauften. Ja, wollt ihr diesem
recht ernstlich nachdenken, so wollte ich durch Gottes
Gnade hoffen, so ihr nur nach dem wahren Frieden
und der Freiheit des Gewissens verlangt, dass ihr bald
einsehen werdet, wie ihr noch nie weder die inwendige noch die äußerliche Taufe gekannt, viel weniger
sie empfangen habt.
Siehe, lieber Leser, hier hast du das rechte Fundament und die schriftgemäße Anweisung von der Taufe Christi und die Erklärung von der Taufe des Antichristen.
Bitte den allerhöchsten Herrn um einen heilsamen,
reinen Verstand, dass du die rechte und gottselige
Wahrheit von Herzen erkennen, glauben und derselben in aller Furcht Gottes treulich nachkommen mögest. Enthalte dich doch des unnützen Disputierens
und Widerstreitens; denn wer disputiert und widerstreitet mit der Absicht doch auf der breiten Straße zu
bleiben, der bringt seine Seele ins Verderben und wird
nimmermehr mit gutem und aufrichtigem Gewissen
vor seinem Gott wandeln; wird auch allezeit etwas
finden, darüber er zanken und streiten mag.
Darum so durchsucht, glaubt und folgt Gottes Wort
mit aufrichtigem, frommem Herzen und lasst euch
nicht mit vielen schönen Worten in einem guten
Schein verführen und ihr werdet die gewisse Lehre der heilsamen Wahrheit und die tröstliche Verheißung der Gnaden ohne Zweifel erlangen. Der Herr
Jesus Christus gönne und gebe euch seine Gnade dazu. Amen.